Fremdsprachige Zitate – Übersetzen?

Für Ihre Abschlussarbeit haben Sie einen auf Englisch publizierten Artikel gefunden, gelesen und wollen ihn nun zitieren: Doch wie geht man richtig mit fremdsprachigen wissenschaftlichen Texten um? Sollen englische Zitate übersetzt werden? Und was gilt für andere Sprachen? Dieser Beitrag liefert Ihnen Antworten.

Englisch ist die aktuelle Wissenschaftssprache. Forscherinnen und Forscher publizieren auf Englisch. Von Ihnen als Studierende wird erwartet, dass Sie solche aktuellen Wissenschaftspublikationen für Ihre Studienarbeiten und die Thesis in die Literaturrecherche einbeziehen. Haben Sie eine zitierwürdige, themenrelevante Passage in einem Buch oder einer Fachzeitschrift gefunden, stellen sich hinsichtlich der weiteren Verwendung folgende Fragen:

  • Wann darf ein englischer Text im Original in die Arbeit übernommen werden?
  • Gibt es Ausnahmen bei der Übernahme englischer Textstellen?
  • Wie werden Texte aus anderen Sprachen zitiert? Werden Zitate z.B. aus französischen Texten übersetzt?

Englische Texte korrekt zitieren

Soll ein englischsprachiger Originaltext in die eigene Arbeit übernommen werden, handelt es sich dabei zwingend um ein wörtliches Zitat. Das ist logisch, denn die sinngemäße, also paraphrasierende Zusammenfassung des Kerngedankens eines Textes formulieren Sie ja selbst und somit entsprechend auf Deutsch.

Ein kurzes wörtliches Zitat können Sie aus dem englischsprachigen Original in Ihre Bachelorarbeit oder Masterthesis übernehmen. Zu empfehlen ist dies immer dann, wenn das Original so prägnant oder sprachlich einzigartig ist, dass eine Übersetzung ins Deutsche dem nicht gerecht werden kann.

Gegebenenfalls leiten Sie sprachlich zu dem Originalzitat hin und formatieren dies kursiv, damit der besondere Charakter der Übernahme auch optisch deutlich wird. Das könnte z.B. so aussehen:

Porter formuliert in seinem ….

Längere englische Texte zitieren

Die Übernahme längerer wörtliche Zitate ist weder für englische Texte noch für anderssprachige Publikationen zu empfehlen: Wörtliche Zitate sind ein „Abtippen“ der Originalquelle und somit keine Leistung, die Ihnen besonders positiv angerechnet werden kann. Bevor Sie also eine längere Passage wörtlich übernehmen, sollten Sie anstreben, den Sinn der Passage mit eigenen Worten zu formulieren. Platzieren Sie dann den Gedanken als deutschsprachiges sinngemäßes Zitat in Ihrer Arbeit.

Die Grenze für eine „längere“ Übernahme ist immer dann überschritten, wenn der Text eben nicht mehr durch seine oben bereits angesprochene Originalität besticht. Eine längere, enzyklopädische Definition hat in diesem Sinne keinen besonderen Charakter: Es ist einfach eine englischsprachige Definition, die man ebenso eigenständig lesen und sinngemäß übersetzen kann.

Ausnahmen bei der Übernahme von längeren Texten

Es gibt Ausnahmen, unter denen die Übernahme längerer fremdsprachiger Passagen in Ihre Arbeit zulässig ist. Diese hängen von der Art Ihrer Forschungsfrage bzw. von Ihrem Fachgebiet ab.

Falls Ihre Arbeit linguistische Analysen durchführt, wird der Originaltext als Ausgangspunkt der Analyse regelmäßig in die Arbeit übernommen.

Ein Beispiel: Ein mögliches wirtschaftswissenschaftliches Thema mit Aspekten einer Sprachanalyse könnte lauten: „Die Analyse der Ad-Hoc-Veröffentlichungen börsennotierter US-amerikanischer Unternehmen und die Reaktion des Börsenkurses“.

Bei diesem oder einem ähnlichen Thema wird dann die Analysemethode an (mindestens) einem Beispieltext – der als längere Originalpassage übernommen wurde – vorgestellt.

Auch hier gilt: Beschränken Sie wörtliche Übernahmen auf das notwendige Maß. Nutzen Sie bei für die Abschlussarbeit vorgegebenen Seitenhöchstzahlen den Platz besser für eine Darstellung Ihrer Leistung. In Bezug auf das obige Beispiel wären das eben die Methodik der Analyse sowie die Ergebnisse Ihrer Auswertung. Überlegen Sie daher, längere Passagen im Volltext in den Anhang der Abschlussarbeit auszulagern.

Umgang mit Texten in anderen Sprachen: Französisch zitieren, Italienisch zitieren?

Englischsprachige Zitate können bei kurzen Passagen auch wörtlich übernommen werden. Für Texte anderer Sprachen gilt dies nicht, es sei denn, Sie haben die fremdsprachlichen Übernahmen vorher mit dem Betreuer abgestimmt.

Also: Zitationen aus beispielsweise französischen oder italienischen Publikationen – auch bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen! – können nicht einfach in der Ursprungssprache in Ihre Arbeit übernommen werden. Sie können sich nicht darauf verlassen, dass Gutachter des Französischen mächtig sind oder z.B. fundierte Kenntnisse der russischen Sprache etc. haben.

Zusammenfassung

Als kurze Zusammenfassung für Sie:

  • Englischsprachige Zitate können im Original wortwörtlich übernommen werden, wenn sie besonders, prägnant oder schöpferisch-einzigartig und kurz sind.
  • Längere englischsprachige Zitate sollten nicht wörtlich übernommen, sondern nach Übersetzung sinngemäß dargestellt werden.
  • Die Übernahme langer fremdsprachiger Textpassagen kann erlaubt sein, wenn es mit dem Thema der Abschlussarbeit harmoniert.
  • Texte in anderen Fremdsprachen als Englisch sollten übersetzt werden. Nur wenn es mit Ihrer wissenschaftlichen Betreuerin bzw. dem Betreuer abgestimmt ist, dürfen Sie Texte in anderen Fremdsprachen als Englisch im Original einfügen.

2 Kommentare

  • Teresa B.

    Sehr geehrter Herr Träger,

    wie sieht es denn mit der entsprechenden Kennzeichnung „eigene Übersetzung“ aus? Muss diese wirklich immer angegeben werden, auch wenn ich nur ein Wort aus meinem fremdsprachigen Text übersetze? Wie ist es bei Fachliteratur, wo z.B. der englische Begriff synonym im deutschen verwendet wird?

    Ein Beispiel:
    Englischer Originaltext: Paternalistic, informed, shared model.
    Direkte deutsche Übersetzung: Paternalitisches, informatives, geteiltes Modell.
    Deutscher Sprachgebrauch zu dem Thema aber: Paternalistisches, autonomes, partizipatives Modell.

    Wie gebe ich dies korrekt an?

    Vielen herzlichen Dank für Ihre Antwort und Hilfe!

    Mit besten Grüßen,

    Teresa B.

    • Thomas Träger

      Sehr geehrte Frau B.,

      in Ihrer Frage offenbaren Sie mit der Darstellung des originalen Sprachgebrauchs und dem deutschem Sprachgebrauch Wissen, über welches Sie Ihre Gutachter informieren sollten. Denn für Gutachter ist es durchaus relevant, zu sehen, dass Sie sich mit der Terminologie in Ihrem Fach auskennen. Daher würde ich im Fließtext oder in der Fußnote wie folgt formulieren (als Autor verwende ich in folgendem Beispiel „Bae, Jong-Myon: Shared decision making – relevant concepts and facilitating strategies“):

      … Das im Rahmen der Arzt-Patienten-Kommunikation bei Bae als „Paternalistic, informed, shared model“ bezeichnete Modell wird in der deutschen Literatur als „Paternalistisches, autonomes, partizipatives Modell“ referenziert.² Im Folgenden wird in der vorliegenden Arbeit der deutsche Ausdruck verwendet.
      _______________
      ² Vgl. Bae (2017), S. 2; Braun/Marstedt (2014), S. xx.

      Freut mich, wenn Ihnen dies hilfreich ist.
      Viele Grüße
      Thomas Träger

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