Gendergerechte Selbstreferenzialität im wissenschaftlichen Schreiben

In Deutschland ist wissenschaftliches Schreiben nach wie vor ein unpersönliches Schreiben. Sie sollen nicht erklären, was Sie wann wie gemacht haben, sondern in einem gutachterlichen, verallgemeinernden Schreibstil von den wissenschaftlichen Erkenntnissen Ihrer Arbeit und dem Weg dorthin berichten. Doch was, wenn man einen Bezug auf sich selbst herstellen muss? Dieser Beitrag erläutert Ihnen, wie Sie mit dem Problem der sog. Selbstreferenzialität umgehen und dabei genderkonform formulieren.

Selbstreferenzialität bedeutet als Wort nichts anderes, als dass ein Bezug auf sich selbst hergestellt wird. Synonym wird die Selbstreferenzialität auch als Autoreferenzialität bzw. Auto-Referenzialität bezeichnet.

Außerhalb des wissenschaftlichen Schreibens ist Selbstreferenzialität keine Besonderheit. „Während ich dies schreibe, denke ich …“ Für Ihre wissenschaftlichen Arbeiten ist jedoch der in Deutschland übliche unpersönliche Schreibstil maßgeblich. Selbstbezüge in Form von „habe ich die Daten erhoben“, „mein Projekt“ oder „meine Forschungsfrage“ sind daher zu unterlassen. Treten diese Formulierungen dennoch auf, werden sie bei der Korrektur von den meisten Dozenten üblicherweise als Fehler gekennzeichnet.

Als Lösung bietet sich an, dass Sie einen unvermeidlichen Selbstbezug vornehmen, indem Sie sich selbst in der dritten Person als Rolle beschreiben:

Der Autor der vorliegenden Arbeit…

Der Verfasser der vorliegenden Arbeit…

Gendergerechte Formulierungen

Studentinnen sollten sich entsprechend als Autorin bzw. als Verfasserin bezeichnen. Es gibt keine wissenschaftliche Tradition, die besagt, dass Abschlussarbeiten im Maskulin zu schreiben sind! Schreiben Sie also gerne:

Die Autorin der vorliegenden Arbeit…

Die Verfasserin der vorliegenden Arbeit…

Bei weiteren Selbstbezügen muss und soll natürlich nicht jedes Mal darauf hingewiesen werden, dass es um die Arbeit geht, die der Leser nun gerade vor sich liegen hat. Schreiben Sie dann einfach: „Die Verfasserin“, „die Autorin“ bzw. „der Verfasser“, „der Autor“.

Vielleicht haben Sie einen Gender-Passus in Ihrer Arbeit. Streng genommen müssten Sie sich als Studentin dann als Autor bezeichnen, wenn Sie angekündigt haben, diskriminierungsfrei nur die männliche Schreibeweise zu verwenden. Mein Tipp: Ergänzen Sie den Gender-Passus um folgenden Satz „Ausgenommen hiervon sind Bezugnahmen auf die Verfasserin.“

Gutes Deutsch

Gehen Sie sparsam mit Selbstbezügen um. Schießen Sie nicht über das Ziel hinaus, indem Sie in ein passivisches Bürokraten-Deutsch verfallen:

Negativbeispiel:

Für die vorliegende Arbeit wurde sich vom Autor überlegt….

Üblicherweise sind Selbstbezüge vollständig vermeidbar. Falls Sie z.B. eine wissenschaftliche Abschlussarbeit im Rahmen eines Projektes anfertigen, muss nicht laufend dargestellt werden, dass es Ihr Projekt ist. Warum sollten Sie ohne weitere Erläuterung über das Projekt eines anderen schreiben oder sich darauf beziehen? Der Leser wird immer voraussetzen, dass es Ihr Projekt ist. Eine Selbstreferenzialität ist daher überflüssig.

Lesen Sie mit offenen Augen wissenschaftliche Zeitschriften. Im deutschen Sprachraum werden Sie kaum eine Formulierung finden, wie etwa:

Der Autor der Studie hat sodann Alternativen der Datenerhebung geprüft.

Stattdessen werden Sie einfach lesen:

Für die Datenerhebung ergaben sich mehrere Alternativen.

Für die Wirtschaftswissenschaften gilt als abschließender Hinweis, dass Sie keine Angst vor Wortwiederholungen haben sollen: Sie müssen nicht durchwechseln zwischen „Autor“, „Verfasser“, „Schreiber“, „Masterand“ etc. Bezeichnen Sie sich gerne immer als „Verfasser“ – und versuchen Sie, von dieser Formulierung nie Gebrauch machen zu müssen.

In Kürze:

  • Selbstbezüge sollten die Ausnahme in einer wissenschaftlichen Arbeit sein.
  • Bezeichnen Sie sich in unvermeidlichen Fällen als „Autorin“/“Verfasserin“ bzw. „Autor“/“Verfasser“.

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